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Freihandelsabkommen der EU: Die Regulatorische Kooperation

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TTIP, CETA und vermutlich auch TISA beinhalten neben vielen anderen auch Vorschläge zur sogenannten regulatorischen Kohärenz bzw. zur regulatorischen Kooperation. Das, was hier auf die Mitgliedstaaten der EU und auf die USA und Kanada zukommt, hat eine ähnliche Sprengkraft, wie etwa die bereits in der Öffentlichkeit mehrfach behandelten Schiedsgerichte. Zu Letzteren hatte die EU-Kommission eine Befragung vorgenommen, deren Ergebnis eine mit 97% eindeutige Ablehnung nicht nur unter NGOs ergab. Dennoch hält die EU-Kommission bislang an den Schiedsgerichten in TTIP fest.

Die regulatorische Kooperation, die mittels eines speziell hierfür einzusetzenden Rates (RCC Regulatory Cooperation Council) ermöglicht werden soll, ist in der Öffentlichkeit weit weniger bekannt. Dieser Rat könnte ähnlich der amerikanischen Regulierungsbehörde (angesiedelt im Weißen Haus) mit hohen Regierungsvertretern, aber auch, wie häufig in beratenden Gremien der EU, mit Lobbyisten aus Industrie und Wirtschaft besetzt sein.

Diese können so im Prinzip direkt auf laufende Gesetzgebungsverfahren einwirken. Denn die Aufgabe des Rates zur kooperativen Regulation soll darin bestehen, die Angleichung von regulatorischen Standards zwischen der EU und den USA zu erwirken, sofern diese handelsrelevant sind. Dies beinhaltet auch ein Frühwarnsystem, d.h. über geplante neue De-und Regulierungen, sowie Gesetzesinitiativen, die solche enthalten, ist der Rat zu informieren. Er prüft dann, ob diese Vorhaben mit TTIP und den darin enthaltenen Vorgaben für den Handel konform sind. Auch ein Beschwerde-Mechanismus ist vorgesehen (written comments). In Konsultationen und über den Dialog zwischen verschiedenen Branchen-(Interessen-)vertretern, sowie unter Einbeziehung der Kommentare soll dann der Rat sein jährliches Regulierungsprogramm verabschieden. Angeblich soll der RCC keine Regulierungen beschließen, sondern lediglich die Zusammenarbeit auf diesem Gebiet fördern. Es gibt diese Art der Zusammenarbeit (mit der Wirtschaft) in der EU bereits. Nun werden die USA mit einbezogen. Hieraus ergeben sich einige kulturelle und demokratische Probleme. Zunächst ist da die Problematik des Vorsorge- und des Nachsorge-Prinzips. In der EU werden Produkte erst zugelassen, wenn ihre Unbedenklichkeit belegt ist. In den USA ist das nicht so. Erst wenn es Beweise für die Bedenklichkeit eines Produkt gibt, oder Sammelklagen gegen Produkte, die natürlich auch gewonnen werden müssen, kann es vorkommen, dass Produkte vom Markt genommen werden. So etwas kann dauern. Außerdem haben Bürger  gegenüber Firmen naturgemäß das Nachsehen, wenn es um die finanziellen Mittel für solche Klagen geht.

Die EU Kommission wiederholt zwar gebetsmühlenartig, dass bestehende Standards nicht gesenkt werden sollen, selbst wenn das stimmt, muss sich die Zivilgesellschaft um neu zu setzende Standards sorgen und darum, dass diese vermutlich niedriger sein werden, als bisher. Bislang  ist völlig offen, ob und in welcher Weise Parlamentarier in diesem Gremium eine Rolle spielen werden. Corporate Europe Observatory und andere NGOs weisen aber daraufhin, dass diesbezüglich Skepsis angebracht ist. Eine Sorge ist auch, dass bei der Einschätzung und Bewertung von Regulierungen eher  Kosten-Nutzen Überlegungen dominieren werden und weniger Sicherheits- und Verbraucherschutzaspekte. Ein deutlicher Rückschritt gegenüber bisheriger Politik.

Die Hürden für die Zulassung von Medikamenten, chemischen Substanzen,  Atomkraftwerken, der Benzinverbrauch von PKW, die staatliche Kontrolle des Banken -und Finanzsystems und vieles mehr würden durch die regulatorische Kooperation vermutlich deutlich niedriger gelegt werden. Im schlimmsten Fall würde gar nicht reguliert, da dieser Rat und sein Wirken, aber auch die Möglichkeit der Beschwerde seitens der Industrie einen bremsenden Effekt haben könnte. Dass vorab über Gesetzesinitiativen informiert wird, ist an sich nichts Neues, dass dies jedoch -ähnlich wie der gesamte TTIP Verhandlungsprozess- dann vermutlich auch intransparent geschieht und sich darüber hinaus noch stärker an den Interessen der Konzerne orientieren wird, dürfte wohl eine Steigerung der bisherigen Lobbypolitik in Brüssel sein.

Es sind noch zu wenige Details dieses höchst fragwürdigen Instruments bekannt. Fakt ist jedoch, dass erneut die demokratischen Prinzipien der Staaten unterlaufen werden könnten und gesetzgeberisches Handeln unter Einbeziehung der Parlamente deutlich erschwert wird.   Quellen: Corporat Europe Observatory; Zacharias Zacharakis (Die Zeit, 27.1.15); Lobby Control; Friends of the Earth


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